Die aktuelle Innenpolitik stellt den Bürger unter Generalverdacht. Wir sind nicht bereit, dies weiter hinzunehmen. Nicht Überwachung, sondern Verbrechensprävention und die Stärkung der Bürgerrechte müssen das Ziel sein. Überwachung erklärt jeden Passanten zum potentiellen Verbrecher. Aufklärung der Bevölkerung und der zielgerichtete Einsatz von Polizeibeamten schaffen mehr Sicherheit als jede Überwachungskamera es könnte.

Individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizei-Beamte

Das Fehlverhalten einzelner Polizeibeamter schädigt immer wieder das Ansehen der Polizei insgesamt. Polizeibeamte müssen eine anlassbezogene individuelle Kennnummer tragen, um ihre persönlichen Handlungen nachvollziehen zu können. Wir sehen dies als Voraussetzung an, um Beschwerden Dritter über ungesetzliche Handlungen nachzugehen und Einsatzkräfte als Zeugen benennen zu können.

Unabhängige Beschwerdestelle für Polizei-Übergriffe

Für Beschwerden über Polizei-Übergriffe richtet die dafür zuständige Staatsanwaltschaft eine unabhängige Beschwerdestelle ein. Ihr wird für diese Aufgabe eine Task-Force von polizeilichen Ermittlungsbeamten zur Seite gestellt. Diese sollen dienstrechtlich der Staatsanwaltschaft zugeordnet sein und nicht aus dem Polizeidienst dieses Bundeslandes rekrutiert werden dürfen. Sie können stattdessen etwa aus der Bundespolizei oder der Polizei eines Nachbarlandes eingestellt werden. Die Beschwerdestelle ist auch zuständig, wenn sich Polizeibeamte im Dienst gemobbt oder diskriminiert fühlen.

Berliner Versammlungsgesetz

In den vergangenen Jahren wurden durch die Innenminister von Bund und Ländern immer wieder Einschränkungen des Versammlungsrecht vorgenommen. Für das Berliner Versammlungsgesetz sehen wir Änderungen vor, welche das Recht der Teilnehmer auf Versammlungsfreiheit stärken und anlasslose Kontrollen der Polizei von Demonstanten und Passanten ersatzlos abschaffen.

Keine Überwachung und Dokumentation

Die Aufzeichnung einer Versammlung durch die Polizei mit Kameras ohne konkrete Anhaltspunkte stellt einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit dar.

Dennoch filmt die Berliner Polizei friedliche Demonstrationen ohne konkreten Anlass. Wir lehnen Änderungen am Versammlungsgesetz ab, die der Polizei das Filmen von Versammlungen und das Speichern und Dokumentieren dieses Videomaterials erlauben.

Mehr Freiheiten im Versammlungsrecht

Unser Ziel ist ein Berliner Versammlungsgesetz mit folgendem Inhalt:

  • Aufnahmen von Bild und Ton durch Polizei, Behörden oder Sicherheitsdienste, sowie anlasslose Personenkontrollen dürfen nicht aufgrund von bloßen Vermutungen durchgeführt werden. Solche Maßnahmen dürfen nur stattfinden bei konkreten und tatsächlich nachvollziehbaren Anhaltspunkten, die auf eine erhebliche Gefahrensituation für die öffentliche Sicherheit und Ordnung hinweisen.
  • Auf Versammlungen vorgenommene Aufnahmen sind der Versammlungsleitung ohne Anforderung zur Verfügung zu stellen und zu veröffentlichen. Die betroffenen Personen sind umgehend zu informieren, zumindest jedoch die Versammlungsleitung mit Angabe des Aufnahmebereichs und Personenkreises.
  • Die Verwendung von Bild- und Tonmaterial zur Schulung von Polizei- und Sicherheitskräften bedarf der Zustimmung des gefilmten Personenkreises und der Versammlungsleitung.
  • Die Freiheit politischer Versammlungen ist nicht durch Vorgaben in der Verwendung von bestimmten Materialien und der Lautstärke einzuschränken.
  • Das Vermummungsverbot ist aufzuheben.
  • Über den Einsatz und die Anzahl ziviler Beamter ist die Versammlungsleitung zu informieren. Zusätzlich haben diese sich sich spätestens zu Beginn der Veranstaltung bei der Versammlungsleitung vorzustellen.

Wir lehnen Überwachung im öffentlichen Raum ab

Wir lehnen die Video-Überwachung im öffentlichen Raum ab. Sie stellt eine Art verdachtsunabhängige Ermittlung dar, die gegen die Bürgerrechte verstößt. Passanten werden durch Verletzung der Unschuldvermutung unter Generalverdacht gestellt.

Technisch erforderliche Kameratechnik, die zum Beispiel der Sicherheit der Fahrgäste in öffentlichen Verkehrsmitteln beim Ein- und Aussteigen dient, ist zulässig, sofern weder Aufzeichnung noch Weiterleitung noch Auswertung dieser Daten erfolgt.

Überwachung schafft keine Sicherheit

Videoüberwachung schafft keine zusätzliche Sicherheit. Überwachungskameras gaukeln lediglich vor, dass in Notsituationen professionelle Hilfe in kürzester Zeit möglich sei und verhindern somit unter Umständen Zivilcourage. Videoüberwachung ist keine wirksame Präventionsmaßnahme. Vergehen oder Verbrechen werden lediglich aufgezeichnet. Als Maßnahme zur Deeskalation ist der gezielte Einsatz von Polizeibeamten und geschultem Sicherheitspersonal in gefährdeten Bereichen wirkungsvoller. Wenn öffentliche Bereiche permanent überwacht werden, finden die Dinge, die dadurch verhindert werden sollen, in Bereichen statt, die nicht überwacht werden.

Überwachung schränkt die Freiheit ein

Die Video-Überwachung in Berlin schränkt die persönliche Freiheit der Berliner und ihrer Gäste ein. Das Gefühl der ständigen Beobachtung vermittelt kein Gefühl der Sicherheit, sondern führt zu Ängsten aufgrund des eigenen „Fehlverhaltens“ Repressalien ausgesetzt zu werden. Darüber hinaus belastet die ständige Kontrolle das Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Polizei.

Die Wahrnehmung der Bürgerrechte, ob Versammlungsrecht oder Meinungsfreiheit, wird durch Überwachung des öffentlichen Raumes erschwert. Die Gesellschaft wird in den privaten, unbeobachteten Raum zurückgedrängt. Wir nehmen diese Ein- und Beschränkungen zur Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben nicht hin, sondern setzen uns für die Abschaffung der Video-Überwachung im öffentlichen Raum ein.

Überwachung führt zu gefährlichen Datenbergen

Überwachungsmaßnahmen fallen unter die einschlägigen Datenschutzgesetze, sobald Maßnahmen die Möglichkeit zur Identifizierung von Personen bieten.

Sämtliche Videoaufzeichnungen, die der Identifizierung von Personen dienen können und ohne konkreten Anlass erfolgt sind, müssen gelöscht werden. Sie dürfen nicht zur Speicherung, Auswertung oder Dokumentation an staatliche Behörden weitergeleitet oder herausgegeben werden. Durch Kombination mit digitalen Systemen zur Bilderkennung besteht die Möglichkeit, überwachte Personen automatisiert zu identifizieren (Biometrie). Gegen die Einführung einer solchen Praxis sprechen wir uns aus. Private Videoaufnahmen im öffentlichen Raum unterliegen der privaten Nutzung und können veröffentlicht werden.

Speicherfristen sind kein wirksames Mittel, die Verletzung von Persönlichkeitsrechten zu heilen. Videoüberwachung erfolgt lautlos. Weder akustische noch optische Warnungen informieren die Passanten über die Aufzeichnungen durch Kameras. Eine Kontrolle durch die Passanten selbst ist nicht möglich.

Die Überwachung des öffentlichen Raumes in Berlin muss enden. Sämtliche infolge der Videoüberwachung vorhandenen Datensammlungen werden unmittelbar gelöscht und private Sicherheitsdienste strenger von der Polizei kontrolliert.

Alle Berliner Ermittlungsbehörden verzichten auf Zugriffe auf Material, das auf eine Überwachung ohne konkreten, nachvollziehbaren Anlass zurückzuführen ist.

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