von Ben de Biel

Die Welt jubelt, der Fürst der Finsternis, Osama Bin Laden ist tot.

Genaugenommen wurde er in einer geheimen Kommandoaktion getötet.
Zitieren ließ sich anschließend der Präsident der USA, Barack Obama, mit den Worten: „Der Gerechtigkeit ist Genüge getan“. Und genau das ist der Punkt, denn mit bestehendem Recht, hat das wohl alles herzlich wenig zu tun.
Die Experten streiten, doch als einigermaßen sicher darf gelten, dass eine Aktion dieser Art, weder Kriegs-, noch Völkerecht standhält.

Wohl gibt es in den USA die Todesstrafe, doch selbst dort erfolgt Bestrafung nach geltendem Gesetz, und wie überall auf der Welt gilt dafür folgender Modus: Verhaftung, Anklage, Verurteilung.
Und soweit es die USA betrifft, kann das auch die Todesstrafe bedeuten. Nur ohne Verhaftung ohne Anklage, und ohne Verurteilung gibt es sie als „Strafe“ nicht!

Auch wenn es ganz sicher nicht das erste Mal war, dass die USA sich auf diese Weise unliebsamer Menschen entledigt haben, und sie vielleicht nicht zu unrecht Bin Laden verschiedenster Verbrechen beschuldigen, und dieser in Videobotschaften auch einiges von sich gegeben hat, das wohl keiner von uns gutheißen möchte, so ist es doch ein Novum, dass ein Präsident der USA sich damit verlauten lässt, dass der Mann getötet werden musste, und man darüber sehr glücklich sei.

Selbst deutsche Politiker legen hier wenig Zurückhaltung an den Tag:
„Der Tod Bin Ladens zeigt, dass am Ende Freiheit und Gerechtigkeit siegen“, bemerkt der Bundesinnenminister am Montag.
Und Kanzlerin Angela Merkel sagt: „Heute Nacht haben die Kräfte des Friedens einen Erfolg errungen.“

Einem die Pest an den Hals zu wünschen ist also erstmal nicht strafbar,
selbst wenn man das als amtierender Präsident, Kanzler o.ä. tut.
Aber mit Recht und Gesetz hat es nichts zu tun.
Denn es öffnet Missbrauch Tür und Tor. Wer ist der nächste? Gaddafi? Kim Jong Il? Aiman al-Sawahiri? Ahmadinedschad?

Die würde man gerne tot sehen, aber Hassobjekte gibt es wahrlich mehr, Kinderschänder, Drogenhändler, Whistler, investigative Journalisten, Demonstranten, Kernkraftgegner, Linke, Penner, und dergleichen, die könnte man dann ja auch irgendwann…

Sorry, aber so geht das nicht.
So darf kein Staat sein Gewaltmonopol missbrauchen, und so sollte sich
auch keiner seiner Vertreter in der Öffentlichkeit äußern.

Erst recht nicht die Kanzlerin persönlich, die einer Partei angehört, deren Weltbild sich von Geboten wie „Du sollst nicht töten“ ableitet.

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Der Rechtsanwalt Thomas Stadler schreibt dazu auch bezeichnende Zeilen, in seinem lesenswerten Blog: http://www.internet-law.de/2011/05/hangt-ihn-hoher.html

7 Kommentare

  1. 1

    Inwieweit das Kriegsrecht die Aktion erlaubt hat ist eine interessante Frage, so pauschal verneinen wuerde ich das nicht. Aber in dem Fall ist sie auch nur ein bedeutender militaerischer Erfolg im „Krieg“ gegen al-Qaida. Ueber so einen Erfolg kann man sich durchaus freuen, und wenn man so will wurde er auch von den „Kräfte des Friedens“ errungen. Aber er ist eben keine (Todes-)Strafe, das sollte man sorgfaeltig trennen.

    Mit Gerechtigkeit hat die Toetung daher nichts zu tun, eher im Gegenteil: Sie hat bewirkt, dass Bin Laden nun niemals verurteilt und bestraft werden wird, genauso wie Hitler durch seinen Selbstmord seiner Verurteilung und Bestrafung entgangen ist.

  2. 2
    Dirk Moebius

    @daniel9000
    *Wenn* das Kriegsrecht diese Aktion tatsaechlich erlaubt – waere es dann nicht ebenso rechtmaessig, wenn ein afghanischer Kaempfer die hiesige Oberbefehlshaberin ermor^W ausserrechtlich toetete?

  3. 3

    Ist es nicht vielmehr so, dass Kriegsrecht bei einem Terroristen und international gesuchtem Verbrecher gar nicht angewandt werden kann, da er keine Kriegspartei darstellt?!
    Er hat sich seiner Verhaftung widersetzt und das mit Sicherheit auch mit Waffengewalt.
    Im Zuge dessen ist er nun mal (leider) ums Leben gekommen.
    Hier von absichtlicher Tötung oder gar von „Todesstrafe“ zu sprechen, finde ich nicht angemessen.
    Natürlich darf man davon sprechen, dass „der Gerechtigkeit genüge getan wurde“, ein gefährlicher Terrorist wurde unschädlich gemacht, auf welche Art und Weise auch immer.
    Ob es nun Obama lieber gewesen wäre, ihn lebend zu bekommen, sei dahingestellt. Allerdings denke ich nicht, dass es seine offizielle Anweisung war, ihn umzubringen. Das kann sich auch ein Obama völkerrechtlich nicht leisten.
    Der Faux Pax unserer Kanzlerein allerdings ist unverzeihlich – wie kann man nur so dumm sein und offiziell derartiges zu verlautbaren?!

  4. 4

    Das Kriegsrecht greift hier nicht. Im völkerrechtlichen Sinn herrscht selbst in Afghanistan noch immer kein Krieg, sondern nur ein bewaffneter Aufstand. Ein Krieg kann nur zwischen zwei oder mehr autonomen Staaten stattfinden. Al Quaida ist jedoch kein Staat. Somit ist der „Krieg gegen den Terror“ eigentlich nichts anderes als eine Polizeiaktion mit anderen Mitteln. Darauf beruft sich die USA ja auch in Guatanamo, da sie den dortigen Insassen als Mitglieder einer terroristischen Vereinigung den Status eines Kombatanten mit Rechten und Pflichten nach Haager Landkriegsordnung und Genfer Konvention verweigert.

    Demzufolge war die Aktion also rechtlich nicht einwandfrei.

    Die bessere Lösung ist es allemal, aber Ethik, Moral und gesunder Menschenverstand unterscheiden sich regelmäßig.

  5. 5

    War ja klar das ‚wenn‘ sie ihn bekommen es da keinen sauberen Prozess gibt Amerika ist ja dafür bekannt sich unliebsamer Leute direkt oder indirekt zu erledigen, es wundert mich nur das sie solange gebraucht haben …. wahrscheinlich brauchen die seinen Tod wohl für irgendeine Propaganda

  6. 6

    Gibt es für die Zitate der deutschen Politiker auch einen Quellennachweis?

Was denkst du?