Tacheles – der Kunst eine Chance geben
Offener Brief an die Berliner Koalition aus SPD und CDU
Lieber Herr Wowereit, liebe SPD- und CDU-Mitglieder des Abgeordnetenhauses,

die Piratenpartei fordert Sie persönlich sowie die Berliner Koalition aus SPD und CDU auf, sich gegen die anstehende Räumung des Tacheles einzusetzen. Gleichzeitig bitten wir Sie, die Senatsverwaltung mit einer offenen Ausschreibung für den Betrieb des Tacheles zu beauftragen. Die Berliner Künstler und Kulturszene soll in einem angemessenen Zeitraum die Möglichkeit zur Vorlage eines Geschäftsplanes erhalten.

In Ihrem Koalitionsvertrag loben Sie die Berliner Kunst-, Kultur- und Kreativszene als zentrale Grundressource der Stadt. Gleichzeitig sitzen Sie aber den Konflikt zwischen Gläubigern und Künstlern am Kunsthaus Tacheles stillschweigend aus.

Die Piratenpartei fordert einen offenen Umgang mit der Problematik. Die Politik kann mehr als nur tatenlos zuschauen, sie kann die Berliner Kunstszene selbst darüber entscheiden lassen, ob sie im Rahmen einer offenen Ausschreibung die Zukunft des Tacheles mitgestalten will. Wenn Kunstvereine einen wirtschaftlich tragfähigen Geschäftsplan für die Weiterführung des Tacheles einreichen, können Politik und Gläubiger ergebnisoffen und sachlich die passende Lösung für das Tacheles und Berlin finden. Für diesen Lösungsweg muss die anstehende Räumungsklage am 20. Juni 2012 gegen die Künstler aufgehoben oder zumindest vertagt werden. Der momentane Weg gibt den Künstlern keine Chance, den Entscheidungsprozess über das Tacheles mitzugestalten.

Der Piratenpartei ist bewusst, dass das Tacheles in der Vergangenheit durch Missmanagement und betriebswirtschaftliche Konzeptlosigkeit geprägt war. Ein nachhaltiger Betrieb des Tacheles als Kunsthaus setzt die Deckung der laufenden Kosten durch eigengenerierte Erlöse voraus. Gleichzeitig sollte das Tacheles auch weiteren Künstlern für Ausstellungen zur Verfügung stehen. Angesichts der weltweiten Bekannheit des Tacheles – dokumentiert in Reiseführern und im Internet – eignen sich die Räumlichkeiten besonders gut für eine Nutzung durch die Berliner Kunst- und Kulturszene.

Die Piratenpartei sieht die HSH Nordbank als Gläubiger des Tacheles in der Pflicht gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Es darf nicht sein, dass ausgerechnet eine staatliche Bank, die unter Missachtung marktwirtschaftlicher Prinzipien in der Finanzkrise mit Steuergeldern in Milliardenhöhe gerettet wurde, genau dann auf diese Prinzipien pocht, wenn es um einen verantwortungsvollen Umgang mit Kunst und Kultur geht.

Zum Schluss erlauben wir uns noch darauf hinzuweisen, dass auch Sie selbst, sehr geehrter Herr Wowereit, immer wieder öffentlich feststellten, dass das Tacheles nicht „plattgemacht“ werden darf und der Senat es mitsamt der Künstler gerne retten würde. Lassen Sie es uns tun!

Freundliche Grüße,
Christiane Schinkel

Vorsitzende des Landesverbandes Berlin
der Piratenpartei Deutschland

17 Kommentare

  1. 1
  2. 2

    Die „Piratenpartei“???
    Da fehlt wohl ein einschränkender Zusatz (Berlin).
    Die Räumung ist ein „normaler“ im Zivilprozess geregelter Vorgang, der Missmanagement und Konzeptlosigkeit beendet
    Was hat da die Politik verloren?

    • Politik hat gerade dort etwas „verloren“, wo es um Gesellschaft, Kultur und Gemeinwohl geht. Und da geht es dann auch hin und wieder nicht nur um BWL, „Märkte“ und Renditen. Gesellschaft ist kein Wirtschaftsunternehmen. Das vergisst Politik inzwischen schon viel zu oft. Und offenbar schon so oft, dass es selbst manche Teile dieser Gesellschaft ebenfalls tun.

    • Hast Du Dir schon mal die Frage gestellt, wie die HSH und im Besonderen ein Investor Jagdfeld einen Kulturbetrieb kostentragend betreiben wollen? Er war nicht mal in der Lage das Luxushotel Heiligendamm gewinnbringend zu führen und das Adlon läuft laut Presseberichten auch eher bescheiden. Auch wenn ich die Künstlerszene um das Tacheles nicht besonders mag, vertraue ich in eben diesen mehr, als den gefühlt kriminelle Investoren, die nicht mal teure Objekte marktwirtschaftlich, gewinnbringend führen können. Wo waren denn diese Investoren, als es nicht nur um die Kohle ging?

  3. 3

    Daumen hoch! Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!

  4. 4

    find‘ ich gut *thumbsup*

  5. 5

    Es gibt nunmal nichts umsonst in Deutschland. Wenn das Gelände einem Piraten gehören würden , würde es diesen Brif nicht geben sondern man würde an den anstand der „Künstler“ appellieren dass Ding zurückzugeben.
    Gabs nicht schon genug Angebote, dass Ding wirtschaftlich laufen zu lassen. Die Leute da wollen doch gar nichts bezahlen. Was das Ganze noch mit Geimwohl zu tun hat erschliesst sich mir auch nicht. Kümmert Euch um Menschen die Hilfe brauchen und nicht um diese selbsternannten „Künstler“

  6. 6

    Das Tacheles soll als Kunsthaus bleiben. das ist wohl Konsens. Aber wie es jetzt läuft soll geändert werden. Was steht denn dem entgegen? Ein ordentliches Konzept, das sich auch wirtschaftlich trägt, ist doch nicht schlecht. Der Senat kann nicht endlos Millionen seit Jahren hinpacken, damit einige Künstler ihre Sachen verkaufen können. Im Moment sieht es eher zunehmend nach Touri-Tralala aus und es riecht nach Pipi. .-)

  7. 7
    Andrej Wolff

    Kommentar auf Wunsch des Autors entfernt

    foo

    • Andre Wolff hat sein Atelier im Tacheles um tausende Euro an die Bank verkauft, er hat sich wie die Gastronome bestechen lassen… weitere Kommentare erübrigen sich. Entsprechende Dokumente liegen hier vor und können gerne eingesehen werden.

  8. 8
    Wolfgang Britzl

    Freut mich, dass der Berliner KV sich zu dem Brief durchgerungen hat 🙂
    Das Tacheles muss bleiben, alles andere ist alternativlos 😀

    • Wolfgang Britzl

      Öööhh schon wieder ein Schnellschuss 😀 Natürlich anders rum und so… also entweder: „Alles andere ist nicht möglich“ oder „Die Existenz des Tacheles ist alternativlos“ … wo ist der Editbutton? 😀

  9. 9

    Vielen Dank dafür!
    Ich schwöre auf Nobel: Ich sterbe für die Kunst!

  10. 10

    http://kritikdesign.blogspot.de/2012/06/tacheles-unterstutzung-2012.html

    DANKE

    und an alle Unkenrufer „von WAAS mann nix WEISSS soll mann nicht sprechen 😀

    Tacheles hat seit 2002 keine Förderung, läßt sich nicht für ein paar Euros bestechen und arbeitet weiter ….. Kunst liegt eben nicht im Auge des Betrachters…..

    http://kritikdesign.blogspot.de/2011/09/euer-land-wurde-verschachert.html

    heute riecht es im Kunsthaus nach Lavendel…..die Urinzeiten sind vorbei seit sich die Gastronome bestechen haben lassen…..

  11. 11
    Martin Delius

    Das kann doch nicht ewig so mit diesem Gejammer über arme Künstler weitergehen. Der Standort, seine Geschichte verpflichtet uns daraus etwas Neues und Sehenswürdiges entwickeln.

  12. 12

    Vor einigen Jahren wurde den subventionsfreien Tachelesen von einem gewissen mit Steuergeldern unterstützten und eigentlich dem Gemeinwohl verpflichteten norddeutschen Kreditinstitut aus purer Bosheit das Wasser abgedreht. Das Haus sauberzuhalten ist seither deutlich schwieriger geworden und eine ziemliche Knochenarbeit für die Betroffenen. Manche Touristen benehmen sich eben leider nicht sehr vornehmen.

    Jetzt den Künstlern aus dem vermeintlichen Gestank einen Strick drehen zu wollen, wirkt daher auf mich etwas zynisch – zumal dies wunderbar ins Konzept der erwähnten Bank passen würde.

Was denkst du?